Hermann Foersterling
1955 geboren, lebt als freischaffender Künstler in Eppingen.
Hermann Försterling wurde 1955 in Gengenbach geboren, studierte von 1973 bis 1977 an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart Malerei und ist seit 1979 freischaffend tätig. Seine Arbeiten bereichern wichtige Kunstsammlungen der Welt, u.a. das New Yorker Museum of Modern Art und die Staatsgalerie Stuttgart. Försterling beherrscht sowohl die kunstphotographischen Edeldrucktechniken der Jahrhundertwende (Bromöldruck) als auch das Experiment mit modernster Scanner- und Digitaltechnik. Fotografiebände: 'HEADS'(vergr.), 'Akt', 'ROSES' (Siegertitel des Deutschen Fotobuchpreis 2005) sowie das bei der Büchergilde als Vorzugsausgabe erschienene Buch 'FloraMagica'.
women and flowers
Auch in der aufgeklärten Zeit des 21. Jahrhunderts scheint dies ein definiertes Verhältnis zu sein. Wem sind sie nicht bekannt - die Vergleiche, dass eine Frau wie eine Blume ist. Frauen sind verwurzelt, blühen, verblühen aber auch. Die unterschiedlichsten Blumen wurden und werden zu Symbolen, Allegorien, Metaphern, zu Sinnbildern für Frauen und die Geburt des Mannes. So finden wir Stämme in Malakka, die glauben, dass der Mensch aus Blumen erschaffen wurde oder den altägyptischen Sonnengott Nefertem, der aus der Blüte der blauen Seerose geboren worden sein soll. Auch in der christlichen Religions- und Kunstgeschichte finden sich immer wieder Assoziationen zwischen Frauen und Blumen, zum Beispiel die Lilie als Symbol für die Reinheit der Mutter Gottes, Maria. Auch was im Laufe der Literaturgeschichte über die Beziehung zwischen Eros und Frauen geschrieben wurde, liest sich wie ein großer poetischer Blumenstrauß. Es finden sich eine große Anzahl von Lilien als Hinweis auf die Reinheit der Frauen, natürlich die Rosen als Zeichen der Sinnlichkeit und die Aquilegia steht für Spiritualität und Fruchtbarkeit. Die Minnesänger des Mittelalters ließen Blumen um ihre Angebetete kreisen, während sie in den Träumen der Romantiker als "blaue Blume" der Sehnsucht dargestellt wird. 1
Schon immer wurden schwache, hilflose Pflanzen mit dem zarten Wesen und Körper der Frau verglichen, und die sinnliche Vielfalt der Farben, die Farbintensität der Blüten, die Schönheit der Pflanzen tragen zu den Analogien bei. Das weibliche Geschlecht wird mit dem natürlichen Zyklus von Keimen, Knospen und der Vergänglichkeit der blühenden Schönheit assoziiert.
Mit der Kamera und dem Scanner spürt Hermann Försterling dieser jahrhundertealten Tradition nach und verknüpft in seinen Fotoarbeiten die sinnlichen, farbig pulsierenden Blüten mit den Vaginas von Frauen unterschiedlichen Alters. Bei der Betrachtung mit dem Scanner zoomt er die Blüten heran und hat einen fast kühlen Blick auf die Wunderwelt der Natur: Blütenkelche, Stempel, Blütenblattformationen und Samenfäden werden in all ihrer Farbintensität und vitalen Leuchtkraft in knappen Bildausschnitten festgehalten.
Die Nahsicht gibt sowohl einen detaillierten Einblick in die individuellen Eigenschaften der Blüten als auch der Frauen, die jedoch durch die Anonymität des nahen Blicks assimiliert werden. Die Blüten sind auf ein Spiel von Linien und Farben, auf Licht- und Schattennuancen reduziert, so dass eine Faszination von der Faltenbildung, den Rundungen und den Knicken ausgeht. Obwohl in Form und Farbe realistisch eingefangen, wirken Försterlings Blüten teilweise fremd und befremdlich. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus der Verknüpfung mit den Vaginas, die jedoch meist erst auf den zweiten Blick erkannt wird. Subtil fügt er die Faltenbildung des weiblichen Organs in die Form der Blüten ein, so dass die Blütenporträts suggestiv von innen heraus leuchten und eine sinnliche Kraft ausstrahlen. Durch diesen Ansatz gewinnt die Identität der Frauen und der aufgetragenen Formgebung der Blüten eine außergewöhnliche und geheimnisvolle Präsenz, die durch eine sinnliche Aura stimuliert wird. So werden die jahrhundertealten Assoziationen zwischen Frauen und Blumen nicht - wie bisher so oft in der Kunstgeschichte - getrennt dargestellt, sondern in einem Bilderkanon zusammengeführt. Hermann Försterling offenbart mit ihnen Charaktere, die mit ihrer starken Farb- und Formensprache zu einem Dialog über Weiblichkeit und Sinnlichkeit führen.
Natalie Scheerle-Walz M.A.
[1] Novalis, in: Heinrich von Ofterdingen: "(...) Was ihn aber mit mächtigem Eifer anzog, war eine hohe, hellblaue Blume, die ihn mit ihrem breiten, schimmernden Blütenblatt berührte.
Ringsherum standen unzählige Blumen in allen Farben, und der liebliche Duft durchdrang die Luft.
Er sah nichts als die blaue Blume und betrachtete sie lange Zeit mit namenloser Zärtlichkeit. Schließlich wollte er sich ihr nähern, als sie sich plötzlich zu bewegen und zu verändern begann; die Blütenblätter wurden leuchtender und schmiegten sich an den wachsenden Stängel, die Blume neigte sich ihm zu und die Blütenblätter zeigten einen blauen, ausgebreiteten Kragen, in dem ein zartes Gesicht schwebte.