Kapellenschule Grissenbach

Kapellenschule Grissenbach

Im Jahre 1790 bauten die evangelischen und katholischen Gemeindemitglieder in Grissenbach die ersten beiden Kapellenschulen in dem Netphener Ortsteil. 1832 beschlossen Grissenbach und Nenkersdorf, sich zu einem Schulverband zusammenzuschließen. Rund 60 Jahre später begannen die ersten Überlegungen, ein neues gemeinsames Schulgebäude am Ort der ursprünglichen Kapellenschule zu errichten, was einen großen Konflikt in den Dörfern auslöste. 1895 fiel die endgültige Entscheidung des Schulministeriums zugunsten des Neubaus. Nach fast zehnjähriger Planungs- und Bauzeit wurde die neue Kapellenschule 1902 fertig.
Sie erhielt 1967 noch einen Anbau, doch nur zwei Jahre später wurde die Schule geschlossen. Fortan diente sie zunächst als Wohnhaus, später als „Treffpunkt Grissenbach“ für verschiedene Anlässe in der Ortschaft wie Wahlen, Frauenhilfe, Gottesdienste und private Feiern. Im Juni 2021 wurde ein Interessent gefunden, der die Kapellenschule kaufte. Die Kapelle wurde entweiht und wird seitdem privat genutzt.

Kapellenschule Grissenbach Fotografie

Grissenbach in: Kapellenschulen, das Buch

Kapellenschulen als solitärer Architekturtypus 

Kapellenschulen, wie die in Grissenbach, bilden einen solitären Architekturtypus für das Siegerland und seine angrenzenden Regionen. Als einzelnstehende und in ihrer Umgebung auffällige Gebäude legen sie die Verbindung zwischen Religion und schulischer Bildung ausgehend vom Herrschaftsgebiet des Grafen Wilhelm I. von Nassau-Katzenelnbogen (1487-1559) und seines Sohns Johann VI. von Nassau, Katzenelnbogen und Dietz (1536-1606) offen. Die hybrid genutzten Bauwerke bestanden bis ins ausgehende 19. Jahrhundert und in Teilen sogar bis ins 20. Jahrhundert. 

Der deutsche Fotokünstler Thomas Kellner erkannte den historischen und kulturellen Wert dieser Bauten und machte sich zur Aufgabe dieses regionaltypische Kulturgut über ein neues Medium zu bewahren und in Erinnerung zu rufen. Mittels der Fotografie überführt er die Kapellenschulen in einen künstlerischen Kontext und gibt dem historischen Thema eine neue Dimension in der Gegenwart(skunst). 

So wie die Kapellenschulen in sich zwei Lebensbereiche vereinten, vermittelt auch diese Publikation verschiedene gegenwärtige Perspektiven auf die Geschichte und Genese der Kapellenschulen. Während Kellner mit seiner fotokünstlerischen Umsetzung versucht den zwischen Profan- und Sakralbau schwankenden Gebäudetypus neu zu denken, gewähren Chiara Manon Bohn, Isabell Eberling M.Sc. Dr. Andrea Gnam und Dr. Stefanie Siedek-Strunk in Textbeiträgen einen Einblick in die historische, architektonische und religiöse Einordnung der Kapellenschulen bis hin zu den Bildern von Thomas Kellner.