Der Beruf als Künstler III 3/4: Investitionsgüter

Thomas Kellner und Investitionsgüter des Künstlers

Was bedeuten Investitionsgüter für mich? Investitionsgüter sind im klassischen Sinne, die Dinge, die man nicht sofort abschreiben kann. Also es gibt geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG), diese kann man in einem Monat absetzen, und stehen eher für eine geringe Investition. Dieser Betrag liegt bei nicht mehr als 800 Euro ohne oder 952 Euro mit Umsatzsteuer. Wenn der Gewinn eines Jahres zu hoch geht, rate ich dazu GWGs in Betracht zu ziehen. Als Künstler hat man es regelmäßig mit großen Investitionen zu tun, in den besten Fällen produziert man selber Investitionsgüter, wie zum Beispiel das Kunstwerk welches als Investitionsgut angesehen werden kann. Laut Definition, ist ein Investitionsgut aber ein Gut, was nicht unmittelbar zum Endverbrauch bestimmt ist, sondern zur Herstellung eines Gutes. Ein Unternehmer kauft Werke oder Maschinen für mehrere Millionen Euro und diese Investitionsgüter dienen zur Erhaltung, Verbesserung der Firma und stellen die Endprodukte her.
Nehmen wir das Werk eines Künstlers. Dieses würde hypothetisch zwar mehrere Tausend Euro oder gar Millionen Euro kosten. Als Firma schreibt man das also über eine bestimmte Zeit ab, sprich teilt die Kosten der Anschaffung. Somit sorgt dieses Abschreiben für eine Liquidität des Käufers. Das Kunstwerk bleibt eine Investition, die der Käufer mit etwas Glück später bei steigendem Marktwert verkaufen kann.

Thomas unzerstörbarer Golf 2 – Der Tracker des Künstlers

Mein erstes Auto, und auch mein zweites Auto war ein R4. Vor allem der zweite kostete mich einige Nerven. Alles an diesem Auto war dafür bereit, um bei meiner Fahrt kaputtzugehen, erst ein Getriebe-, dann ein Motorschaden. Letztendlich kostete mich das Auto zusätzliche 6000 DM an Reparaturen. Daher kam mir der Gedanke einfach ein gutes gebrauchtes Auto für die gleiche Summe zu kaufen. Die Anschaffung von einem VW Golf 2 im Jahre 1990, sollte meine bisher größte Investition, mit 8000–12000 DM sein. Dieses Auto bin ich auch gefahren bis es auseinanderfiel. Das Auto war am Ende 420.000 km gelaufen und musste weg. Danach habe ich nur noch Autos finanziert oder geleast. Leasing oder Finanzierungen sind Investitionen, die dich monatlich betreffen, daher für einen Künstler mit unregelmäßigem Einkommen eher nicht von Rat, da sie die monatlichen Fixkosten erhöhen. Sich als Künstler finanziell langfristig zu verpflichten ist sehr schwer, wenn eine Investition über Leasing- oder Darlehensraten beglichen werden müssen. Wenn wie 2020 eine weltweite Pandemie ausbricht, dann ist das Resultat kein Umsatz und eine endlose Spirale an Raten oder Krediten die man nicht mehr bedienen kann. Die Passion des Kunstschaffens gleicht einem finanziellen Überlebenskampf.

Für mich war der erste Computer 1996 eine riesengroße Anschaffung. Die damalige Summe von grob geschätzten 7000 DM brachte mich zum Grübeln, ob diese Investition so sinnig für mich sei. Bis heute musste ich öfter solche Summen für Computer, Elektronik und Co. ausgeben, doch im Rückblick auf 1996 war es eine riesige Anschaffung. Zurzeit arbeite ich eher mit Leasingrückläufern und daher gebe ich nur alle 2 Jahre eine Summe von ca. 2000 Euro für Computer und Zubehör aus. Diese Investitionen lohnen sich aber sehr, denn in Hochzeiten habe ich bis zu 5 Praktikanten die an 3 Towern und zwei Laptops arbeiten können. Dadurch kommen wir sehr schnell voran.

Kameras sind vor allem für den Fotokünstler besonders wichtige Geräte, denn es sind Anschaffungen, die erst das Produzieren von Kunst ermöglichen. Was meine Investition in Bezug auf Kameras angeht, bin ich immer bescheiden geblieben. Ich brauche nicht die modernste Ausrüstung und da ich analog fotografiere, fällt ein Leasing für die Kameraausrüstung weg. Ich will Kunst machen und mehr nicht. Ein weiteres Investitionsgut könnte aber auch ein Handy sein. Es dient, als Kommunikationsmittel, aber auch um Fotos zu machen und die Social-Media-Kanäle mit Material zu versorgen.

Ein geplatzter Investitionstraum für die USA

2003 hatten ich die 9–11 Krise hinter mir und hatte in Houston meinen Homerun gemacht. Ich hatte all das geschafft, was ich schaffen wollte und wovon ein Künstler träumt, aber hatte auch alle Konten leergeräumt und die Dispos bis zu den Maxima ausgereizt. Das Sparbuch hatte ich natürlich auch schon platt gemacht Ich hatte alles nach Hause gebracht, was ein Künstler nach Hause bringen konnte, eine Galerie Vertretung in Chicago, Galerie Vertretung in New York und Aufträge, Ausstellungen, Publikationen und vieles mehr. Die Nachfrage nach Bildern aus den USA entstand und stieg schnell. Die Fotografien von USA wollte ich jedoch mit Mittelformat Filmen machen. Ich sprach mit den Leuten von Kodak, die ich beim Kodak Nachwuchsförderpreis kennengelernt hatte. Sie wollten mir einen Laster voller Filme sponsern, wenn ich auf Kleinbild umstiege. Ein Sponsoring welches mich finanziell sehr unterstützt hätte. Die Scans aus dem Labor sollten auch nur noch 1/10 kosten. Daher wollte ich mir mit dem ersparten Geld eine neue Kameraausrüstung kaufen, aber meine Beziehung zu den Banken war schon immer eine eher schwierige. Da ich als Künstler nie Geld hatte, war ich nicht liquide und konnte mit nichts außer meiner Kunst bürgen. Sie haben mir also nicht weitergeholfen. Meine damaligen Investitionen scheiterten immer an diesem Punkt. Ich schaffte es leider nie genügend Geld zu sparen und daher starb mein Investitionstraum für das Projekt USA im Mittelformat. Die Fotokunstwerke von Amerika nahm ich mit dem Konzept der Monumente Europas in Kleinbildfilmen auf. Es blieb also fast ausnahmslos beim 35mm-Film. Heute würde ich zu einem freien Finanzierer gehen und mir eine Bürgschaft besorgen. Es ist relativ schwierig für einen Künstler zu investieren. Ich hatte in Siegen viel Glück, da das günstige Atelier der Stadt für einen sehr kleinen Kostenapparat sorgte. Investitionen fielen mir dadurch natürlich leichter, jedes Buch ist eine Investition, jede Reise ist eine Investition. Regelmäßig hatte ich solche Kosten für Projekte. Die Werkserie Genius Loci war zum Beispiel eine große Investition (oder besser Produktion mit hohen Kosten), die Scans der Bilder kosteten 18.000, mit Rahmungen und der Reise kam ich auf 50.000 Euro. Jedes Projekt kostet letzten Endes eine Menge Geld und stellt in jeder Form eine Investition dar, sind aber bei den Produktionsmitteln und am Ende die Produkte des Künstlers.

Mein Tipp für junge Künstler und deren Investitionen soll sein, immer vorsichtig zu agieren, man weiß nie was passiert. Kriege und Wirtschaftskrisen können Investitionen sehr dazwischen kommen. Der Bedarf an Kunst ist in solchen Situationen gleich null. Eine Inflation kann aber auch dein Retter sein, denn das Geld, was ich mir heute leihen kann, kann morgen weniger wert sein. Als Künstler braucht man Rücklagen, betrachte dich als GmbH und probiere mit allen Mitteln 20.000 Euro wegzulegen. Versuche einen Sparvertrag abzuschließen und lass diesen als Sicherheit in Vergessenheit geraten, damit dieser dann der Notgroschen für fällige Raten sein kann. Auch ich hatte mir diese 20.000 Euro weggelegt und verfügte über diese Sicherheit auch bis zur Bankenkrise 2008. Diese Krise verbrauchte mein Geld und Dank der regelmäßig folgenden Krisen konnte ich keine neuen Rücklagen mehr aufbauen. Mit allen möglichen Mitteln habe ich bis heute probiert finanziell zu überleben und habe das auch gerade so geschafft.

Rückblickend kann ich sagen, dass ich echt froh bin, dass ich mich mit den meisten Bankern meiner Geschäftsbanken gut verstehe, denn Sie haben verstanden, wie ich arbeite und gewähren mir in Krisenzeiten den notwendigen Handlungsraum. Sie sorgten für Luft in den Reifen damit ich weiterarbeiten konnte. Ich musste für neue Projekte ja immer neues entstehen lassen. Ohne Investment in die eigenen Produkte geht es nicht vorwärts. Als Künstler brauchst du eine Sicherheit. Dein künstlerisches Arbeiten darf nicht eingeschränkt sein und als Künstler musst Du ständig in neue Bilder investieren. Dabei musst Du auch finanziell verkraften können, mal eine Serie nicht zu verkaufen.

Umzug in ein neues Atelier

Meine letzte große Investition war der Umzug aus dem alten Fabrikgebäude in der Friedrichstraße in unser Haus in der Blücherstraße. Der Umzug und die Anschaffung von neuen Möbeln und Einrichtungen für Büro und Küche und den ausschließenden Mailings kam auf ca. 30.000 Euro. Ein Jahr später waren zusätzlich ein neuer Server PC und ein Rechner für den Videoschnitt fällig. Ich bin jetzt in einem Alter wo ich glaube, dass keine größeren Investitionen mehr fällig werden. Ich will nicht mehr investieren, Ich will jetzt nur noch Kunst schaffen!

Autor

Maurice Fey, geboren am 20. November 1999 in Siegen
Praktikum: im Atelier Thomas Kellner 2021/22
Besondere Interessen: Kunst, Poesie, Music
Ziele: Ein freischaffender Künstler werden