Der Beruf als Künstler II 1/4: Produkte

Unterscheidung der unterschiedlichen Werke und die kaufmännische Seite des Künstler Da Seins

Bei meinen Werken kann man zunächst eine grobe Unterteilung in Aufträge und Kunstwerke vornehmen. Zudem können die Werke sich in ihrem Erstellungsalter unterscheiden, es gibt natürlich viele frühe Werke, welche zum Beispiel noch aus meinem Studium stammen, diese können Malereien, Zeichnungen, Fotografien und Objekte sein. Es gibt aber auch neue, aktuelle Kunstwerke, momentan wären ein herausstechendes Beispiel die Fotografien der Fachwerkhäuser, welche sogar in New York in der Klompching Gallery ausgestellt werden. Dann differenzieren die Kunstwerke sich darin, ob es Unikate, Multiples oder Auflagen sind. Von den Unikaten gibt es immer nur ein Originales, während die Multiples seriell hergestellt werden und vom Künstler signiert und nummeriert werden. In der Grafik führte dies zum Beispiel bei Zinkplatten dazu, dass die zuerst hergestellten Drucke eine deutlich bessere Qualität hatten als die später hergestellten, da die Platte sich nach einer Weile abnutzte. Dieses Problem existiert im Medium der Fotografie, welcher ich mich bediene, nicht. In der Fotografie wurden die Auflagenbegrenzung erst in den 70er-Jahren eingeführt bis dahin waren die Fotografien nicht limitiert. Die Auflagenbeschränkungen waren eine Konsequenz des Kunstmarktes, welcher zu dieser Zeit erst wirklich ins Rollen kam. Es gibt verschiedene Auflagengröße, für mich war am Anfang eine Auflage mit 20 Exemplaren üblich, doch bei neueren Arbeiten ist es eher gängig sich ein 3+1 System zu Nutze zu machen. Dies bedeutet, dass die Galerie 3 Abzüge des Werkes bekommt und der Künstler behält einen Abzug. Sinn dieses Systems ist es, dass der Künstler noch am Kunstmarkt partizipieren kann, sollte der Wert der Arbeit sich in vielen Jahren sehr gesteigert haben. Der Künstler könnte die eine Auflage bei einem enormen Marktwert einreichen und noch am Kunstwerk mitverdienen. Oftmals arbeitet der Kunstmarkt mit einem amerikanischen Staffelsystem, bei welchem die abgestaffelten Preise vorher schon festliegen. Bei einer höheren Nachfrage geht auch der Preis hoch, da das Angebot der Auflagen dadurch sinkt. Doch dieses System gilt heutzutage als nicht mehr aktuell, viel eher empfehlen die Akademien ihren Meisterschülern und Meisterschülerinnen nach ihrem Abschluss ein Faktorensystem. Eine Beispielsformel für dieses Faktorensystem ist Länge addiert zur Breite und dieses Mal einen Faktor genommen. Es wird empfohlen, dass der Künstler mit dem Faktor 10 anfängt und diesen Faktor steigern sollten, wenn sich die Nachfrage für ihre Werke verstärkt. Auch wenn die kaufmännische Seite des Künstler Da Seins oftmals trocken und langweilig wirkt, ist sie dennoch ein elementarer Bestandteil mit dem ein Künstler sich auseinandersetzen muss, um gewinnbringenden Erfolg mit seinen Werken zu haben.

Thomas Kellners Fotografien

Da ich als Fine Art Fotokünstler tätig bin, sind viele meiner Werke schwarzweiß Abzüge und C-Prints. Um zunächst den Begriff Fotografie zu definieren: Fotografie bezeichnet eine Gattung der Bildenden Kunst, eine bildgebende Methode, bei der mit Hilfe von optischen Verfahren ein Lichtbild auf ein lichtempfindliches Medium projiziert und dort direkt und dauerhaft gespeichert, was die digitale Methode wäre, oder in elektronische Daten gewandelt und gespeichert wird, was digital erfolgt. Um spezifischer auf meine Fotografien einzugehen, muss man sich mit C-Prints beschäftigen.  C- Prints werden auf verschiedenen Kunststoffträgern und auch auf transparentem Material für Durchlichtpräsentationen (Duratrans) angefertigt. Währen in der analogen Fotografie C-Prints durch Projektion über ein Vergrößerungsgerät hergestellt werden, erfolgen digitaler Typ-C Druck seit ca. 2003 über digitale Belichtungssysteme. Hier wird das Bild in höchster Auflösung über einen Farblaser Pixel-genau auf das Papier projiziert. Im Vergleich zum Tinte-basierten Inkjet –Druck haben Typ-C-Prints meist einen höheren Farbumfang und können dadurch stimmungsvolle Motive optisch interessanter wiedergeben. Ebenfalls nutze ich hybride schwarzweiß Abzüge, die Drucker, mit denen diese hergestellt werden, werden jedoch heutzutage nicht mehr produziert. Der Belichtungsvorgang ist in der Bildentwicklung bereits digital, jeder andere Prozess erfolgt noch analog und chemisch. Die Fachwerkhäuser sind Epson Pigment Drucke auf Papier, was einen nächsten Schritt Richtung wirklich gedruckter Bilder mit pigmentierten Printen darstellt.

Die Entwicklung Kellners und seiner Kunst

Ich startete meine künstlerische Karriere mit einem Lehramtsstudium im Fach Kunst, ich hegte ursprünglich ein großes Interesse an der Malerei. Allerdings entwickelte ich mich in diesem Bereich künstlerisch nicht weiter und befand mich in einem stockenden Prozess. Gleichzeitig kamen die Lochbildkameras in der Fotografie auf und ich besuchte Seminare der Kunstgeschichte zum Thema „Wie kann sich Fotografie weiterentwickeln?“. In diesen Seminaren wurde ebenfalls die Frage behandelt, ob das Bild abbildend bleibt oder selbstständig wird. Zudem besuchte ich sämtliche Seminare zur Entwicklung der Skulptur vom Relief und zur mittelalterlichen Malerei und entwickelte eine Faszination für zeitgleiche, nebeneinander historisch verschobene Prozesse. Ebenfalls begannen die Experimente im Fotolabor, bei diesen war die Lochbildkamera sehr hilfreich, um andere Prozesse in Gang zu setzen und zu neuen Bildlösungen zu kommen. Einen besonderen Einfluss auf mich nahm ein Seminar über den Kubismus und die Prüfung über Robert Delaunay. Dieses trug dazu bei, dass ich mich in den Jahren 1992 bis 1997 immer mehr mit einer Gedankenwelt auseinandersetze, in welcher es um die Zerstörung des Bildes und die Multiperspektivität dieses geht, um den Kubismus und Ismen. Meine ersten Fotografien zu diesem Thema entstanden im Wald, später ging ich über zum Eiffelturm als Motiv und zu Städten. Darauf legte ich mich schlussendlich auch fest und spezialisierte mich darauf, Architektur zu fotografieren. Architektur ist in der Fotografie zwar eigentlich kein attraktives Thema, sondern beliebter sind figurative Motive, aber ich bleibe meiner Stilrichtung bis heute treu. Größentechnisch betrachtet könnte man sagen, dass meine Bilder sich von der Miniatur bis zum Monument entwickelt haben. Früher war ich der Überzeugung, dass ein kleines Bild genauso teuer sein kann wie ein großes Bild, jedoch bin ich mir heute bewusst, dass dies in der Realität nicht so ist.

Mediale Varietät und unterschiedliche Projekte

In den letzten zehn Jahren habe ich die unterschiedlichsten Kunstwerke produziert. Zum einen natürlich die bereits erwähnten Fachwerkhäuser, welche mein letztes Werk waren momentan, aber 2020 und 2021 habe ich generell andere neue Sachen probiert. Ein Beispiel hierfür sind die Linolschnitte, welche durch ein Thema einer Gruppenausstellung angeregt wurden. Dies war eine äußerst aufwendige Arbeit, welche schlussendlich auch in einer Sammlung in Friedrichshain Wissingen gelandet sind. Medial verwende ich verschiedene Methoden, um Kunst zu produzieren. So habe ich ein Video zum Ateliersauszug gemacht und 2015 zur Flüchtlingswelle eine Installation zur Erinnerung an die Deportation im Faschismus. Die Serie Flucticulus arbeitet mit Collagen und Objekten verschiedener Arten.  Zur gleichen Zeit arbeitete ich nicht nur an genius loci, dieses Projekt behandelte Bewegung im Bild, und nicht nur an dem Projekt Flucticulus, welche Bewegung als Welle untersucht, sondern auch an der Ausstellung mit eher klassischen Bildern in schwarz weiß. Abgesehen davon gibt es auch Produkte wie Postkarten, Bücher und Off Set Drucke, welche im Shop erwerbbar sind. Mit meinen Galeristen, Sammlern und Verlegern gebe ich seit vielen Jahren immer wieder Bücher heraus. Bücher sorgen dafür, dass Kunstwerke legitim vervielfältigt werden, da Bücher vielfach gedruckt werden und nicht wie ein Kunstwerk als Unikat im Museum hängen. Somit sind sie für viel mehr Menschen zugänglich, da Bücher sich räumlich über Bibliotheken, Städte und Länder verbreiten.

 

Produkte des Ateliers

Wenn es um meine Produkte geht, spielen natürlich auch die Produkte des Ateliers eine Rolle. Zu diesen zählen die Bildrechte und die Honorare für Vorträge und Ausstellungen. In Deutschland ist es für uns Künstler leider schwieriger, Bildrechte zu verkaufen, da das Feld der Kommunikation und des Designs in dieser Hinischt sehr viel aktiver ist. Ich selbst bin in die VG Bildkunst gegangen und habe dort einen Vertrag abgeschlossen, das mit diesem Vertrag verdiente Geld kann meine Nebenkosten finanzieren, jedoch ist die Bezahlung von Künstlern sowieso ein schwieriges Thema. Für junge Künstler ist es sehr schwierig, bei Auftragsarbeiten zu kalkulieren, welchen Preis man als Anfänger nehmen darf und was üblich ist in der Branche. Ich selber war damals beim Bund freischaffender Fotodesigner in einem Gründerseminar, welches das Buch „Basiswissen“ behandelt hat. Für mich als junger Künstler war so eine knallhart auf den Punkt gerechnete Kalkulation äußerst hilfreich, um mir Orientierung für meine Preise zu schaffen. Inzwischen gibt es solche Berechnungsmodelle aber natürlich auch online.

Aufträge und die Finanzierung von Projekten

Die Aufträge haben sich bei mir schon relativ früh angedeutet, als einer meiner ersten Jobs habe ich Schuhe für Goertz fotografiert. Aber in den werblichen Aufträgen tat sich bei mir nicht mehr viel, ich schloss eher sowas wie Deals ab, beispielsweise habe ich ein Gebäude in Kreuztal für eine Speisekarte fotografiert. Ein schöner Auftrag, an den ich mich erinnern kann, war für die Sparkasse. Die Fotoserie war so angedacht, dass sie Kultur und Architektur aus dem Siegerland zeigte. Es entstanden sieben Bilder, welche über 7 Jahre lang verlegt worden sind. Als Künstler ist es schwierig sein Einkommen zu kalkulieren, da man das Geld von den Aufträgen am Anfang des Jahres mit ein plant und wenn dieses dann wegfällt ist dort natürlich zunächst eine finanzielle Lücke. Jedoch habe ich dadurch gelernt, in die künstlerischen freien Projekte Auftraggeber zu integrieren, da so große Projekte gar nicht anders finanziell gestemmt werden können. Bei Flucticulus habe ich es genauso gemacht, für die Kapellenschulen ist allerdings noch nicht festgelegt, wie das Projekt finanziert wird. Bei solchen freien Projekten kommt schon eine gewisse Summe zusammen, bei genius loci waren es um die 50 oder 60.000 Euro. Die Art und Weise, die Unternehmen in diese Projekte zu integrieren, zeigt auch den Unternehmern, wie attraktiv solche Projekte sein können. Die Projekte touren durch die Welt, sind in Ausstellungen, Publikationen und Presseausschreibungen, es bringt also auch der Firma viel, wenn sie sich in diese Projekte integrieren lassen. Was finanziell gesehen für uns Künstler an Aufträgen natürlich auch vorteilhaft ist, ist das Honorar was dort mitdrinsteckt und somit auch das Monatsgehalt stützt. Das Monatsgehalt selbst besteht ansonsten aus dem Verkauf von Bildern, aus den Bildrechten, aus Aufträgen und aus kleineren Jobs. Was mich auch immer wieder vor Herausforderungen stellt, sind Projekte, welche mir durch ehemalige Auftraggeber vermittelt werden, doch diese Herausforderungen nehme ich mit Freude an.

AutorIn

Hannah Stöcking, 07.11.2001, Bottrop

Kunstgeschichte und Literatur, Kultur, Medien

Praktikum: 2021 im Atelier von Thomas Kellner

Besondere Interessen: Kunst, Literatur, Musik, Festivals & Konzerte