Der Beruf als Künstler I 1/4: Kindheit

Ei oder Spermium, wer ist schuld?

Relativ oft kommen Interviews zu der Frage, wie man Künstler wird. Oft wird vermutet, dass es da etwas in der Kindheit gab, welches diesen Weg vorherbestimmt hat. Ja in meinem Fall war das sicherlich so. Manche meinen gar, es habe mit Genie oder angeborener Kreativität zu tun. 

Also wie wird man eigentlich Künstler?

Vom Grunde her glaube ich, dass das ist wie so vieles im Leben: Insgeheim weiß man es, hat schon immer davon geträumt und muss nur die Entscheidung treffen diesem Wunsch zu folgen. Wenn man nicht vollkommen unrealistisch an seinen Wunsch herangeht ist fast alles machbar.

In meinem Falle war es so, dass der Beruf meiner Mutter als Kunstlehrerin mich am meisten beeinflusst und geprägt hat. Mein Bruder Ludger (3.10.1968 – 30.9.2015) und ich hatten immer alle Materialien zur Verfügung, ob Stifte, Farben, Stein, Holz Eisen, alle Werkzeuge und Materialien waren immer da und gaben uns Gelegenheit erlebtes in Visuelles und Habtisches zu übersetzen. 

Oft waren es auch einfach schöne Unterrichtseinheiten meiner Mutter, die mit Schülern Steinzeitöfen zum Brennen von Tontieren baute, Hütten aus Holz im Garten baute oder Tannenhäuser im Wald. Meine frühesten Arbeiten existieren als gebundenes Buch, weil meine Mutter ihre Staatsarbeit über Kinderzeichnung machte und meine hierfür nutzte.
In Bonn geboren, kurz in Köln-Porz gewohnt, wuchs ich die meiste Zeit in einem kleinen katholischen Dorf in Langerwehe, des Kreises Düren auf und ging in Düren auf das Gymnasium, in der Oberstufe natürlich mit Leistungskurs Kunst.

Früher Ansporn durch Wettbewerbe

Aber schon früh malte ich nach jedem Urlaub alles, was mir einen Anlass bot. Entweder noch im Kindergarten oder in ersten Schuljahr gab es einen Malwettbewerb „Mein schönstes Ferienerlebnis“ welches ich mit einem Erlebnis aus den Ferien in Belgien malte: Eines Tages am Strand waren plötzlich alle Strandhütten mit tausenden und abertausenden von Marienkäfern überzogen. Zurück zu Hause malte ich Strandhütten mit überdimensionierten Marienkäfern und gewann.

Einige Jahre später schrieb ein Dürener Autohaus einen Malwettbewerb für das Auto der Zukunft aus. Ich muss schon in der Unterstufe gewesen sein und gewann mit dem Bild 300 Mark und konnte mir davon mein ersehntes Fahrrad kaufen.

Leistungskurs Kunst am Gymnasium

Eines der wichtigsten Erlebnisse war dort sicherlich die kunstgeschichtliche Einführung in den Impressionismus und der Aufgabe eine Fotografie impressionistisch mit Ölkreiden umzusetzen. Zum ersten Mal in meinem jungen Leben erhielt ich eine 1+ oder 15 Punkte. Eine maximale Auszeichnung für ein Bild von mir auf einem Trecker im Allgäu, das mein Vater fotografiert hatte. Das Bild habe ich später meinem Vater geschenkt, der in meinem Leben meistens durch Abwesenheit glänzte. Aber das ist eine andere Geschichte, die einem anderen Zusammenhang vielleicht wichtig für das Künstlerwerden und -sein ist. Aber jetzt will ich hier nicht über Werthers Leiden erzählen.
 

Praktika machen angehende Künstler zu wenige

Über meinen Vater hatte ich den Chefdesigner einer Dürener Teppichfabrik kennengelernt, der auch als Künstler im Kreis Düren und Aachen unterwegs war. Dort absolvierte ich ein 14-tägiges Praktikum. Das designen von Teppichmustern lag mir zwar fern, aber trotzdem endeten meine Entwürfe, Zeichnungen du ein echter Teppichmusterentwurf später in meinen Bewerbungsmappen für Kommunikations-Design in Aachen und für das Lehramtsstudium in Siegen wurden. Etwas irritiert bin ich heute, wenn ich höre, dass Schüler an Mathematik in der Oberstufe scheitern und deswegen nicht das für das Akademiestudium notwendige Abitur machen können. Außerdem war das eine Praktikum in der Oberstufe sicherlich viel zu wenig für diese doch sehr mutige Entscheidung Künstler werden zu wollen.

Die erste Kamera

Ich hatte meine erste Kamera, eine Agfa Pocket Kassettenfilm Kamera zu meinem 4. Geburtstag geschenkt bekommen und kann mich noch daran erinnern, wie ich die Kamera auf der Hochzeitsfeier meiner Tante Weppi und meinem Onkel Bernhard im Garten ausprobierte. Später habe ich im Freiwildgehege in Tüddern fotografiert und kann mich dann erinnern, dass ich mit 14 Jahren und Rat meines Vaters mir von meinem ersparten Taschengeld eine Pentax Me super kaufte. Mit der Zeit kamen zwei weitere Objektive hinzu. Mit dieser Ausrüstung fotografierte ich von 1980 bis 2003. Weil immer mal wieder eine in Reparatur ging besaß ich am Ende drei Gehäuse und diverse Objektive. Das Ende dieser Ausrüstung geschah Visasvis zur Alhambra, als am zweiten Body der Spannhebel brach.

Ein Wettbewerbssonderpreis für Fotografie und ein erster Fotojob

Noch in der Oberstufe schrieb der Teppichhersteller, die Firma Ankerteppiche einen Wettbewerb aus, für den ich die Fabrik fotografierte und zeichnerische Vorschläge zur Umgestaltung machte. Ich erinnere mich, dass mir unser Rektor Dr. Heinz Seeger eines morgens strahlend auf dem langen Flur im Erdgeschoss entlang der Klassenzimmer auf dem Weg zum Lehrerzimmer entgegenkam und mir mitteilte ich hätte einen Sonderpreis bei dem Wettbewerb erworben. Das war das erste was wir hörten und das sprach sich wie ein Lauffeuer in der Schule herum.

Später erhielt ich vom Geschäftsführer Herrn Heeselhaus noch einen Auftrag die Firma zusammen mit seinem Sohn intensiver fotografisch zu untersuchen. Über Monate fotografierten wir die Firma en Detail aus allen Perspektiven mit allen Objektiven und Filtern und lieferten zusammen eine komplette Dokumentation der Firma ab. Leider existieren von diesem Portfolio nur ganz wenige Bilder, weil wir die Negative damals mit abgaben.

Die Zeit im Kunstleistungskurs war für meine Weiterentwicklung wichtig, entscheidend und prägend, auch wenn ich von unserem Kunstlehrer im LK Kurs Herr Voigt wenig von seiner Beuyschen Prägung mit auf den Weg bekam. Sein Thema war eher die Kunstgeschichte und ein halbes Jahr beschäftigten wir uns mit Architektur. Eine künstlerische Hausarbeit, die ich nur mit Schulschwänzen und Nachtarbeit fertigbekam, waren fotografierte Türme, fotorealistisch als Zeichnungen umgesetzt, die mir wieder eine Bestnote einbrachten.

Zu diesem Zeitpunkt wusste ich mit ziemlicher Sicherheit, dass ich etwas mit Kunst machen wollte, vielleicht eher mit Fotografie, was ich mir aber beides als Beruf kaum vorstellen konnte. Meine Eltern waren beide Lehrer an Schulen und von der Sicherheit des Beamtentums so überzeugt, dass sie mir eher zum Lehramtsberuf rieten, als einen Weg in der Kunst zu suchen.

Malerei als Auftrag

Die Eltern meiner damaligen Freundin Karl Heinz und Adelheid Stockheim gaben mir einen Auftrag für sie zu Malen. Ich kopierte Ihnen einen Chagall auf ihr Garagentor, welcher 20 Jahre tiefblau und farbenfroh in der Straße leuchtete. Ich bin bis heute dankbar, dass dieser kleine Auftrag mich später immer wieder motivierte nach neuen Auftraggebern zu suchen, wie es eben ein selbständiger Künstler zu tun hat.

Frühe Wegbegleiter

In dieser Zeit zwischen Oberstufe und Ende meines Zivildienstes suchte ich weitere Unterstützung für den Wunsch in der Kunst etwas zu tun und fand bei Walter Dohmen Zeichenunterricht, bei Jupp und Renate Ernst kritische Augen und bei Ferdinand Seitz immer wieder ein Zwinkern und Ansporn für den gewünschten aber ungewissen Weg. Schlussendlich traute mir aber keiner zu, mich erfolgreich an einer Kunstakademie zu bewerben und so schlug ich nach meinem Zivildienst mehr aus finanzieller Notwendigkeit, denn als Profession den Weg in ein Lehramtsstudium ein. Diesen hätte ich, absehbar beinahe nach 3 Semestern abgebrochen.