Schöpper, Ursula

Ursula Schöpper, Berlin & Bonn

Fine Art Photography, Reduction

Reduktion bedeutet physikalische und mathematische Prozesse, vernetzte Systeme.  Die Fotokunst, genauer gesagt die computergestützte Fotokunst, ist ein Konstrukt; sie ist eine bildhafte Beschreibung von vernetzten Systemen oder Anordnungen, wie Licht-Material-Geist-Beziehungen einerseits und physikalische und mathematische Prozesse andererseits. Die Abstraktion in meinen fotografischen Arbeiten beinhaltet eine Thematisierung der Beziehung zwischen der beobachteten Welt und dem geschaffenen Bild. Das Aufbrechen von Wahrnehmungsroutinen bedeutet Zerstörung, Dekonstruktion und im nächsten Schritt Innovation durch kreative Vernetzung. Der fotografische Blick, das "Scannen", ist notwendig für eine raumgreifende künstlerische, mathematische Gestaltung. Das computergestützte, abstrakte Fotokunstwerk ist schließlich eine Metamorphose, die auf Schein und Sein verweist und damit virtuell, bzw. in seinem Potential immer präsent ist.

Eine Fotografie ist in erster Linie ein mit Licht erzeugtes Bild. Die digital gespeicherte und computergestützte Fotografie geht darüber hinaus und nutzt mathematische und physikalische Strukturen als Grundlage. Das bedeutet mehr Potenzial, denn die Fotokünstlerin kann das fotografische Bild mit Hilfe einer mathematischen Sprache neu formulieren, d. h. sie kann das Bild regenerieren. Durch diesen Prozess entstehen virtuelle Bilder, da das Potenzial immer vorhanden ist, das manchmal vorher nicht wahrgenommen werden konnte.

Bei der computergestützten künstlerischen Fotografie als neuer Artikulation eines künstlerischen Prozesses spielen die Oberflächeneigenschaften des Abgebildeten, sein Material, die Licht-Schatten-Relationen, die Perspektive, die Abtastung durch den Fotokünstler, also seine Wahl der Bildausschnitte, als genetische Voraussetzung einer künstlerischen Idee eine entscheidende Rolle. Experimentelle, computergestützte Fotokunst bedeutet Freisetzung und Verschlüsselung zugleich. Diese Ausrichtung der Fotokunst befreit den Künstler von der Verpflichtung, die Wirklichkeit abzubilden. Sie ist ein visuelles Zeichen, ein Piktogramm der Freiheit, der Autonomie. Die Fotokunst ist das primäre Ausdrucksmittel. Im Gegensatz zur Wissenschaft negiert die bildende Kunst nicht das Vorangegangene und ist auch nicht gezwungen, einen Beweis für dessen Gültigkeit zu erbringen. Die Autonomie des Bildes schafft die Autonomie des Aktes des Sehens. Es muss unterschieden werden zwischen dem Sehen von etwas Neuem und der Möglichkeit, etwas auf eine neue Art und Weise zu sehen, eine neue Art von offenen Strukturen, eine neue Form, neue Zusammenhänge und Netzwerke. Dieses Sichtbarmachen offenbart nicht eine andere Welt, sondern trägt dazu bei, eine neue Orientierung in Bezug auf die Welt zu schaffen.

Das wertvolle Anderssein der experimentellen, computergestützten Fotokunst besteht in der Übertragung, der Übersetzung durch das technische, computergestützte Medium. Bilder schaffen bedeutet hier ein ununterbrochenes Schaffen von Systemen durch Transformation. Der experimentelle Fotograf schafft keine Bilder, er produziert nicht, er visualisiert eine Idee, eine Vorstellung. © Ursa Schöpper

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